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Tübingen

Foto: RTF.1
Kulturwissenschaftler Bausinger gestorben - Palmer und Kretschmann würdigen den Tübinger als prägende Gestalt

Der Tübinger Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger ist am Mittwoch im Alter von 95 Jahren gestorben. Tübingens Oberbürgermeister Palmer und Baden-Württembergs Ministerpräsident Kretschmann würdigten den Professor für Volkskunde:

Er war über 30 Jahre lang Direktor des Instituts für Empirische Kulturwissenschaft an der Uni Tübingen. Als Professor für Volkskunde schrieb er viele Aufsätze und Bücher zu Landeskunde und Kultur und wurde vielfach ausgezeichnet. Bausinger stammte gebürtig aus Aalen und studierte und lehrte in Tübingen.

Oberbürgermeister Boris Palmer habe die Nachricht von Bausingers Tod mit großer Bestürzung aufgenommen, wie er in einem Schreiben mitteilt: die Universitätsstadt trauere um eine Persönlichkeit, einen engagierten Zeitgenossen, der auf vielfältige Weise zum kulturellen Klima der Stadt beigetragen habe.

Im September habe Professor Hermann Bausinger noch seinen 95. Geburtstag feiern können, nun ist er gestorben, sagte Palmer. In einer ersten Würdigung sagte der Tübinger OB weiter:

„Mit Hermann Bausinger verlieren nicht nur die Wissenschaft und die Universität Tübingen eine ihrer prägenden Gestalten. Auch die Universitätsstadt Tübingen trauert um eine Persönlichkeit, einen engagierten Zeitgenossen, der sich nie in den Elfenbeinturm des Ludwig-Uhland-Instituts zurückzogen, sondern auf vielfältige Weise zum kulturellen Klima unserer Stadt beigetragen hat.", sagte Palmer.

 

Aras/Schoog/Bausinger - HeimatBausinger im Gespräch mit Moderatorin Schoog und Landtagspräsidentin Aras

 

Hermann Bausinger, gebürtiger Aalener, der selbst in Tübingen Germanistik, Geschichte und Volkskunde studiert hatte, habe dem ehemaligen Institut für Volkskunde, gegründet in der Zeit des Nationalsozialismus, und dem ganzen Fach eine neue Richtung gegeben:

"Als „Vater der Empirischen Kulturwissenschaft" wandte er sich von einem überkommenen Verständnis von Volkskunde ab und der Gegenwart zu, der Alltagskultur, der – insbesondere regionalen – Kultur- und Sozialgeschichte. Er untersuchte Fragen der Sprache, des Dialekts und der Landeskunde – der „Heimat" –, war ein profunder Kenner der schwäbischen und der Tübinger Literaturgeschichte, befasste sich mit den Phänomenen der populären Kultur vom Märchen bis zum Comic, machte sich sogar kulturwissenschaftlich fundiert Gedanken über Fußgängerzonen", charakterisiert der Tübinger Oberbürgermeister Bausinger.

Forschend und lehrend, in ungezählten Publikationen habe er nicht nur Generationen von Studenten und Wissenschaftlern enorme Impulse gegeben. Aufgrund seiner Verdienste vielfach ausgezeichnet und geehrt, habe Bausinger mit seiner Arbeit nicht nur den Ruf der Tübinger Universität gemehrt, sondern auch den der Stadt selbst.

Weiter sagte Palmer: "Und er wirkte in die Stadt, in die Bürgerschaft hinein. Er war nicht nur ein überaus beliebter Vortragender, dessen Vorträge und Führungen, humorvoll, anschaulich und mit unverkennbar schwäbischer Sprachmelodie, weit über die universitären Zirkel hinaus Anklang bei einer großen Zuhörerschaft fanden. Er nahm stets aufmerksam Anteil am kulturellen Leben in der Stadt – so war er zum Beispiel sehr interessiert an der Bildenden Kunst und gern gesehener Gast bei Vernissagen –, bezog wiederholt Stellung."

 

Hermann BausingerHermann Bausinger während eines Vortrags

 

Hermann Bausinger sei insbesondere dem städtischen Fachbereich Kunst und Kultur bei vielen Themen und Projekten ein wertvoller Ratgeber, Gesprächspartner und auch Beiträger gewesen; zuletzt etwa beim Literaturpfad. Was ihn in seiner wissenschaftlichen Tätigkeit an der Universität auszeichnete, habe auch für diese Begegnungen gegolten:

"Er schöpfte aus dem Fundus seines umfangreichen Wissens, bewegte sich auf der Höhe wissenschaftlicher Methodik und Theorie und blieb doch gleichzeitig immer bodenständig, lokal verwurzelt, in der persönlichen Begegnung zugewandt. Er war, im besten Sinne, ein „Hiesiger". Bis zuletzt hat Hermann Bausinger, unverändert neugierig, gearbeitet und geschrieben."

Der Tübinger Oberbürgermeister erinnerte daran, dass Bausinger im vergangenen Julian einer Gesprächsrunde aus Anlass des 50-jährigen Jubiläums des Ludwig-Uhland-Instituts teilgenommen habe: "Thema war „Dialekt und Sprachvielfalt, Heimat und Beheimatung", seine Gesprächspartner waren unter anderem Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Landtagspräsidentin Muhterem Aras".

Vor kurzem habe es Bausinger sich nicht nehmen lassen, die aktuelle Imagekampagne des Landes Baden-Württemberg kritisch-ironisch zu kommentieren, so Palmer: "Was er hier und bei anderen Gelegenheiten zu sagen hatte, speiste sich nicht zuletzt auch aus den Erfahrungen seiner jahrzehntelangen Tätigkeit in unserer Stadt und in unserer Region."

Die Universitätsstadt Tübingen trauert nicht nur um den Gelehrten, sondern auch um den Menschen Hermann Bausinger", würdigte der Tübinger OB den Verstorbenen.

Ministerpräsident Kretschmann trauert um Hermann Bausinger

Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann zeigt sich betroffen vom Tod des Kulturwissenschaftlers und Germanisten Prof. Dr. Hermann Bausinger. „Mit Professor Bausinger verliert das Land einen Universalgelehrten und Vordenker, der sich über Jahrzehnte weit über seine beruflichen Pflichten hinaus in vielen Bereichen engagiert und dabei auch in die Gesellschaft hineingewirkt hat", sagte der Ministerpräsident am heutigen 25. November 2021. Gleichzeitig habe er mit seinen vielen Publikationen, Vorlesungen und populären Vorträgen über die Schwaben und ihren Dialekt wie kaum ein anderer Generationen kritischer Kulturwissenschaftlerinnen und – wissenschaftler geprägt.

„Einen solchen Menschen zu verlieren, zumal in Zeiten, in denen Politik und Gesellschaft immer mehr auf kluge Analysen und Einordnungen eines scharfen Beobachters angewiesen sind, tut sehr weh und geht mir persönlich sehr nahe", so Ministerpräsident Kretschmann.

Zu den populären Werken von Hermann Bausinger, der für sein herausragendes Engagement unter anderem im Jahr 2016 mit der Großen Staufermedaille in Gold ausgezeichnet wurde, gehört auch die „Schwäbische Literaturgeschichte", die er zuletzt zu seinem 90. Geburtstag veröffentlicht hatte.

Weiter sagte der Ministerpräsident: „Ich habe die Begegnungen mit Hermann Bausinger immer als sehr anregend empfunden. Er war für uns alle das Vorbild eines schwäbischen Gelehrten mit nicht versiegender Schaffenskraft", so Kretschmann weiter: „Hermann Bausinger hat ein gesegnetes Alter erreicht und es dabei geschafft, geistig jung zu bleiben, unermüdlich zu forschen und immer neue Maßstäbe zu setzen. Meine Gedanken sind bei seinen Angehörigen. Ich wünsche ihnen viel Kraft in dieser schmerzlichen Zeit. Wir werden Hermann Bausinger sehr vermissen."

Quellen: PM Stadt Tübingen / PM Staatsministerium Stuttgart


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